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Vorsicht Falle!

Bei einer großen Zahl von Ausschrei­bungen ist zu beobachten, dass die Bekannt­ma­chung zwar alle wesent­lichen zukünf­tigen Vertrags­be­stand­teile beinhal­tetet (Haupt­leis­tungs­pflichten), aber erst mit dem Zuschlag­schreiben dem wirtschaft­lichsten Bieter der entspre­chende Vertrag mit der Bitte um Unter­zeichnung und Rücksendung überlassen wird. Dies birgt erheb­liche Risiken dahin­gehend, dass ein Vertrags­ver­hältnis über das wirtschaft­lichste Angebot nicht zustande kommt. Die Folge davon sind vielfach recht­liche Ausein­an­der­set­zungen und nicht unerheb­liche Mehrkosten.

Grund­sätzlich kommt ein Vertrag durch Angebot und Annahme zustande. Das Angebot des Bieters wird durch den Zuschlag der Verga­be­stelle angenommen und wird zum Vertrag mit dem Inhalt, der im Angebot enthalten ist. Beinhaltet der mit dem Zuschlags­schreiben überlassene Vertrag lediglich Regelungen, die in der Bekannt­ma­chung bereits genannt sind, ist das grund­sätzlich kein Problem, der Vertrag kommt zustande. Wie die Praxis aber zeigt, enthalten die Verträge regel­mäßig weit mehr – wenn auch keine besonders erheb­lichen – Regelungen als in der Bekannt­ma­chung vorab mitge­teilt. Dies führt nach einem Urteil des OLG Celle vom 29. Dezember 2022 (Az.: 13 U 3/22) dazu, dass das Zuschlags­schreiben der Verga­be­stelle mit dem Vertrag als Anlage, verbunden mit der Auffor­derung, diesen Vertrag zu unter­schreiben und zurück­zu­senden, letzt­endlich die Ablehnung des Angebots des Bieters, verbunden mit einem eigenen neuen – abgeän­derten – Angebot darstellt. Nimmt der Bieter dieses neue – abgeän­derte – Angebot nicht an, kommt es auch nicht zum Vertrags­schluss. Ansprüche der Verga­be­stelle gegenüber diesem Bieter entstehen nicht.

Nach der Urteils­be­gründung des OLG Celle ist es nicht notwendig, dass es sich dabei um erheb­liche bzw. schwer­wie­gende Regelungen handelt, die in der Bekannt­ma­chung noch nicht, dann aber im Vertrag enthalten sind. Ein Angebot wird nur dadurch wirksam angenommen, dass der Inhalt des Angebots vorbe­haltlos akzep­tiert wird, also ohne jegliche Änderungen. Dabei genügen bereits gering­fügige Änderungen, da auch sie das vom Bieter abgegebene Angebot letzt­endlich abändern und damit keine Annahme des Angebots darstellen.

Daher ist dringend zu empfehlen, entweder den bereits vollstän­digen, von der Verga­be­stelle erstellten Vertrag den Verga­be­un­ter­lagen beizu­fügen, sodass die Bieter den Inhalt vollständig kennen. Oder aber das Angebot des Bieters – so wie es ist – durch Zuschlag anzunehmen und gegebe­nen­falls nach Durch­führung des Zuschlags in Vertrags­ver­hand­lungen mit dem wirtschaft­lichsten Bieter zu treten. Letzteres hat den Nachteil, dass der Bieter sich grund­sätzlich auf keine Änderungen einlassen muss bzw. sich solche vergüten lässt.

RA und FA für Bau- und Archi­tek­ten­recht, FA für Verga­be­recht,
Ralf Schmitz, Heidelberg

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